Algarve

Es mag Leute geben, die geben nicht viel auf Einrichtung und Architektur. Andere lechzen nach Prunk und Luxus. Mich dagegen fasziniert nichts mehr, wie schlichtes und funktionales Design. Architektur als erhabene Harmonie der Reduktion.

Das eingeschossige Haus im Case Study Stil an einem Hang in der Algarve versprühte genau diese Magie von Souplesse; klare Linien, grosse Fenster – welche mit einem schweren roten Schiebetor nachts verriegelt werden konnten – halbe Stockwerke, welche auch als Sitzgelegenheiten dienten, fliessende Übergänge zwischen drinnen und draussen und einer Dachterrasse.

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Auf Strava suchte ich mir einige Routen, welche den nächsten Ort passierten. Ausschlaggebend waren einzig Länge/Zeit. Aus diesen Routen suchte ich mir dann jeweils eine Surprise-Fahrt. Im ZufallsPrinzip fuhr ich drauf los. Und was für Überraschungen meine fiktiven Reiseführer für mich parat hatten;
Einen steilen Gravel-Hügel mit einer haarsträubenden Abfahrt auf Kies, wunderschön geschlängelte Kurven in einem bewaldeten Nationalpark, eine Art Höhenweg über eine Gebirgskette mit Blick aufs Meer, eine Ortschaft mit dem Namen eines der grössten Spanischen Regisseurs, vorbei an kleinen Dörfchen, an Bergen getrockneter Korkrinden, einem stillgelegten Bergwerk, an Feigen- und Affenbrotbäumen die man schon aus der Ferne roch, an maurisch-angehauchten Städtchen, Kakteen, Granatäpfelbäumen, bellenden Hunden hinter grossen Zäunen und schlafenden am Strassenrand, Marktplätzen voller Gemüse, Früchten, Fische und Menschen, an sehr wenigen Autos und an gar keinen Brunnen.

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Die meisten dieser Wege hätte ich ohne Strava-Route wohl niemals einzuschlagen getraut. An einen Aufstieg erinnere ich mich, wo ich an der Kreuzung im verwahrlosten Mienendorf die Abzweigung beinahe nicht fand. Die Strasse musste für Autos gesperrt worden sein. Der Asphalt wurde an beiden Seiten von Büschen und Bäumen in Bedrängnis geschlagen. Durch diesen verwunschenen Urwald ging es immer steiler den Berg hoch, um dann so zusagen durch die Hintertür in ein wunderschönes Mittelalterliches Städtchen zu gelangen.

Da Brunnen mit Trinkwasser scheinbar nur in deutschsprachigen Ländern verbreitet sind, wendete ich das gleiche Vorgehen wie in der Toskana an: in kleinen Kaffees einen Espresso mit einem grossen Wasser bestellen und fragen, ob die Trinkflasche aufgefüllt werden könne. Ab und an wurde auch bei einer Tankstelle Wasser nachgefüllt. Einmal bildete sich rasch eine kleine Gruppe älterer Herren um mein Rad. Mit Handzeichen versuchten sie mir verstehen zu geben, dass mein altes Stahl-Bianchi ein Relikt aus der guten alten Zeit sei.

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Ab und an traf ich auch auf andere Rad-Begeisterte, meist eher in Meereshöhe, wo es meist flach ist. Zudem fand ich diesen Verkehrskreisel welcher den lokalen Rad-Helden gewidmet war, inklusive bronzenen Namensschildern.

Auch ich widmete mich den grossen Rad-Legenden uns las die wundervolle Rad-Reportage von Dino Buzzati über den Giro d’Italia 1949.

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Überhaupt waren es ja Urlaubstage. Ferien mit Familie und Freunden, bei gutem Essen, Spiel, Spass und gepflegtem Nichts-tun!

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